Retter gesucht

Als Landratte aus dem Nordpfälzer Bergland (in Rheinland-Pfalz) hat mich trotzdem seit einigen Jahren der Segelvirus gepackt. Nach meinem letztjährigen Törn von Koblenz aus zum Ijsselmeer und in die Waddensee mit einem 4,20m „langen“ Star-Cat, Baujahr 1978 ging es auch dieses Jahr mit einem ebenfalls über ebay ersteigerten Boot, einer Terhisail 620, zum Ijsselmeer.

Am Mittwoch, den 6. September 2006, segelten wir zu dritt von Harlingen nach Hindeloopen. In der Waddenzee zwischen Harlingen und der Schleuse von Kornwerderzand hatten wir bei mit ca. 0,9 kn schiebendem Tidenstrom den Wind gegenan. Wir liefen unter Fock mit Motorunterstützung und leisteten uns ein „Wettrennen“ mit der „positiv“ einer ca. 11 m langen Yacht mit dunkelblauem Rumpf, bemannt mit 3 gestandenen Mannsbildern, vermutlich aus dem Ruhrpot. Dabei fuhren wir beide manchmal leicht außerhalb des Tonnenstrichs. Bei uns an Bord war ein Laptop mit dem Tidenprogramm wxtide32 und der Navigationssoftware sea clear II mit eingescannten Karten (zusätzlich zu den Papierkarten). Trotz aller Vorsicht sind wir ca. 200m nördlich der Tonne BO18 kurz nach 12.00 Uhr MESZ auf Grund gelaufen (vgl. Ausschnitt aus sea clear) . Die „positiv“ fuhr sich auch fest, kam aber zum Glück mit Motorkraft wieder frei. Unser 6PS Außenborder schafft dies nicht. Es gelingt uns zwar, das Boot gegen die Strömung zu drehen; wir versuchen, uns unter Segeln freizusegeln, hängen uns in den ausgefierten Baum, krängen das Boot bis zum Süllrand ins Wasser, aber wir kommen nicht frei.

Die „positiv“ bleibt in unserer Nähe im Fahrwasser und fragt Plattbodenschiffer vergeblich um Hilfe. Während wir schon überlegen, ob und wie wir unser Boot beim drohenden Trockenfallen stabilisieren können, macht die Crew der „positiv“ Leinen klar mit einem Kugelfender am Ende. Ein stattlicher Herr (mit behaarter Brust unter der Rettungsweste) schwimmt mit der Leine auf uns zu. Daraufhin machen auch wir schnell die Leinen klar. Ich gehe ins Wasser. Wir schwimmen und laufen uns entgegen, treffen uns auf der Sandbank und verbinden unsere Leinen. Die Wassertiefe beträgt vielleicht noch 80 cm bei 1,20m Tiefgang unseres Bootes.

Die „positiv“ gibt Vollgas und schleppt uns frei, wir erreichen wieder unsere Boote und vereinbaren ein Treffen an der Schleuse um uns bedanken zu können.

Wir machen unser Boot klar, doch als wir an der Schleuse ankommen, ist die „positiv“ schon weitergesegelt.

Segler wie die drei von der „positiv“, die sich so selbstlos für andere einsetzen und auch noch ins kalte Wasser springen für 3 Pfälzer, die ihr Boot aus purer Blödheit in den Schlick gesegelt haben, vor solchen Leuten ziehen wir wirklich den Hut! Deswegen würden wir uns freuen, diese drei von der „positiv“ ausfindig zu machen.

Vielleicht erreichen wir die Crew über diesen Bericht. Wir wollten sie als Dank zum Essen und zu einer Weinprobe einladen bei  uns in der Nordpfalz. Ohne ihre Hilfe wären wir trockengefallen. Im nachhinein stellten wir zudem fest, dass ein Seeventil nicht ganz geschlossen war... das hätte böse enden können.

Jetzt wissen wir jedenfalls was gemeint ist mit dem Wunsch nach allzeit einer Handbreit Wasser unterm Kiel

... und wie steht zu Recht in „Manfred Frenzl: Das Ijsselmeer“ S. 177: „In den Wattfahrwassern sollte terrestrisch navigiert werden, weil sich die Fahrwasser gelegentlich verändern können. Da die Betonnung stets korrigiert wird, können GPS-Koordinaten eventuell von den tatsächlichen Positionen einzelner Tonnen abweichen.“